Sprechfreude …. ein Projekt, das vor zehn Jahren seinen Anfang nahm und im Februar diesen Jahres erneut zu einem Treffen und Austausch von Menschen mit kommunikativer Beeinträchtigung führte, wie Aphasie, Lippen-Gaumen-Fehlbildung und Stottern. In der Jugendherberge Mannheim nahm anfangs alles seinen gewohnten Lauf, wie gewöhnlich wurde der Freitag zum Ankommen, Beschnuppern und einem gemütlichen Beisammensein genutzt. Der Samstag lief sehr dynamisch ab, denn es wurde den Wünschen und Bedürfnissen der Teilnehmer in hohem Maße Platz eingeräumt. Der Sonntag war der Reflektion und dem langsamen Ausklingen gewidmet. Im Laufe des Wochenendes fanden sich Gruppen, die sich bei Gesprächen zu wichtigen Themen austauschten oder die Stadt und deren Sehenswürdigkeiten erkundeten. Zu Spielen wurde herzlich gelacht, bei Gesprächen wurde geweint, Dämme brachen und Aufgestautes ergoss sich in Worte, die einem zu Herzen gingen.
Bis zu diesem Punkt schien der Ablauf des Seminars dem gewohnten zu entsprechen. Doch ganz allmählich suchte sich eine spannende Erkenntnis ihren Weg in den Vordergrund. Mit jedem Gespräch und jeder weiteren Stunde wurden die Schnittmengen zwischen den Seminarteilnehmer größer, die mit Namen bezeichneten Beeinträchtigungen traten in den Hintergrund. Begriffe, wie Sprechangst, Scham, Isolierung und der uns altbekannte Eisberg dienten als Beschreibungen, um Erlebtem Ausdruck zu verleihen. Und NEIN, dieses Wort kamen nicht nur von uns Stotternden. Die Abgrenzung zwischen den Einschränkungen schien zu verblassen. Obwohl es sich um unterschiedliche Beeinträchtigungen handelt, ist das damit erlebte Leid zu großen Teilen ähnlich. Verblüffend, wie schnell sich ein Gefühl der Verbundenheit einstellte.
Lachen, Spaß und Tränen waren das ganze Wochenende so gegenwärtig, dass mir Situationen auch nach Wochen noch sehr lebendig erscheinen und ich mit Freude feststelle, dass ich menschlich gereift bin. Doch was in meiner Erinnerung den größten Platz einnimmt, ist die Erfahrung gemacht zu haben, wieder einmal den “Seitenwechsel" erlebt zu haben. Der Vorgang, der einen durch Erlebnisse und Erzählungen anderer ganz allmählich aus deiner eingefahrenen Spur löst und dich unvermeidlich zu der Überlegung führt: ist das Päckchen, das ich trage, tatsächlich so groß, wie es mir mein Stottern weismachen will? Warum sich nicht ab und an die Frage stellen: lässt sich mein Päckchen etwas leichter tragen, wenn ich mir bewusst mache, dass manche an ihrem Paket vielleicht schwerer zu tragen haben, weil zu ihrer kommunikativen Einschränkung noch eine körperliche hinzukommt?
Den Gründungsteam der Sprechfreude gebührt für Ihr Engagement der letzten zehn Jahre großen Dank. Für die Weiterführung des Seminares hat sich bereits eine Gruppe von Interessierten gefunden und wir drücken die Daumen dass dieses Format auch zukünftig Bestand haben wird.
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